
DB Cargo befindet sich in einem der tiefgreifendsten Veränderungsprozesse seiner Unternehmensgeschichte. Als Europas größter Anbieter im Schienengüterverkehr haben wir eine klare Mission: bis Ende 2026 profitabel, wettbewerbsfähig und kundenzentriert aufgestellt zu sein – und zwar aus eigener Kraft. Die Entscheidung der EU-Kommission, das Beihilfeverfahren gegen die DB Cargo AG im November 2024 zu beenden, hat uns in unserem Kurs bestätigt. Sie bedeutet für uns Rückenwind – aber auch klare Erwartungen.
Die Kommission hat anerkannt, dass unsere bisherige Transformation wirkt. Gleichzeitig verpflichtet sie uns dazu, den eingeschlagenen Weg konsequent weiterzugehen – mit unternehmerischer Eigenverantwortung und einer wirtschaftlich tragfähigen Struktur (siehe den Beitrag in Deine Bahn Mai 2025, Seite 10 ff).
Sieben Geschäftseinheiten – ein Ziel: wirtschaftliche Verantwortung
Die Grundlage unserer Neuausrichtung bildet eine neue Unternehmensstruktur mit sechs eigenständigen Geschäftseinheiten und dem Branchennetzwerk Einzelwagenverkehr, die sich konsequent an den Bedürfnissen der Kunden orientieren. Diese sind:
- Steel
- Automotive
- Liquids & Bulk
- Full Load Solutions
- Maritimer Kombinierter Verkehr
- Kontinentaler Kombinierter Verkehr
- Einzelwagenverkehr als Branchennetzwerk
Jede Einheit agiert mit klar definierten Verantwortlichkeiten, verfügt über eigene Lokomotiven, eigene Güterwagen und eigenes Personal, und trägt die volle wirtschaftliche Verantwortung – von der Kundenbeziehung bis zur operativen Umsetzung. Damit stärken wir das unternehmerische Denken auf allen Ebenen und schaffen die Voraussetzungen für schnellere Entscheidungen und schlankere Prozesse.
Fokus auf Spezialisierung und Marktanforderungen
Unsere neue Struktur ist nicht nur organisatorisch neu gedacht, sondern auch inhaltlich konsequent am Markt ausgerichtet. Denn jede Branche hat spezifische logistische Anforderungen – und braucht Lösungen, die genau darauf zugeschnitten sind. Es gibt keine Standardlösung mehr für alle. Unsere Geschäftseinheiten sind Spezialisten auf ihrem Gebiet und bündeln Know-how, Ressourcen und Verantwortung passgenau. Für unsere Kunden bedeutet das: ein fester Ansprechpartner, schnellere Entscheidungswege und maßgeschneiderte Transportlösungen, die individuell auf ihr Geschäft abgestimmt sind.
Drei zentrale Transformationsmaßnahmen
Im Rahmen der umfassenden Neuausrichtung setzt DB Cargo auf konkrete operative Maßnahmen, die auf mehr Effizienz, Wirtschaftlichkeit und Zukunftsfähigkeit abzielen. Drei davon stehen exemplarisch für den strukturellen und kulturellen Wandel im Unternehmen:
1. Langstrecken-Offensive im internationalen Verkehr
Mit dem Einsatzmodell „Starkes Langfahren“ professionalisiert DB Cargo die Lokführenden-Logistik auf internationalen Relationen. Das Konzept ermöglicht längere Einsatzzeiten über mehrere Tage hinweg, inklusive Hotelübernachtungen, und ersetzt das bisher regional begrenzte Einsatzmodell.
Vorteile auf einen Blick
- Mehr Flexibilität: Lokführende können über längere Distanzen eingesetzt werden, was zu stabileren Fahrplänen und höherer Transportqualität führt.
- Geringere Störanfälligkeit: Weniger Personalwechsel sorgen für einen durchgängigen Betrieb – besonders auf internationalen Strecken.
- Effizientere Abstimmung: Weniger Schnittstellen zwischen Disposition, Personal und Zuglauf – das reduziert Komplexität und erhöht die operative Schlagkraft.
Trotz Verzichts auf eine gesellschaftsrechtliche Ausgliederung konnten durch angepasste Dienstpläne und attraktive Sonderprämien bereits deutliche Produktivitätsgewinne erzielt werden.
2. Sozialverträglicher Personalabbau – Schlanke Strukturen & Verantwortung
Ein weiterer Baustein der Transformation ist der strukturierte Abbau von bis zu 5.000 Vollzeitstellen, vorwiegend in der Verwaltung. Bereits 2024 wurde der Personalbestand um rund 1.500 Stellen reduziert. Ziel ist es, Entscheidungswege zu verkürzen und die Organisation effizienter aufzustellen.
Zentrale Eckpunkte
- Freiwilligenprogramme für rentennahe Jahrgänge
- Konzerninterne Anschlussbeschäftigung zur Vermeidung betriebsbedingter Kündigungen
- Fokus auf Verwaltung und überdimensionierte Strukturen
So wird der notwendige Umbau sozial verträglich gestaltet und gleichzeitig der Weg für eine wettbewerbsfähigere Aufstellung geebnet.
3. Einzelwagenverkehr als internes Dienstleistungsmodell –
Der Einzelwagenverkehr (EV), bislang für hohe Verluste verantwortlich, wird künftig als interner Dienstleister der vier branchenspezifischen Geschäftseinheiten geführt. Damit entfällt der universale Angebotsanspruch – EV-Leistungen werden gezielt und wirtschaftlich dort eingesetzt, wo sie gebraucht werden.
Das neue Modell fördert eine kostensensitive Nutzung des Einzelwagenverkehrs und erhöht gleichzeitig die Transparenz innerhalb der Organisation.
Abschied vom zentralen System – mehr Verantwortung vor Ort
Mit der neuen Struktur trennen wir bewusst den EV und den Ganzzugverkehr (GV) von den Transporten des Kombinierten Verkehrs (KV). Während EV und GV im Ressort „Bahnlogistiker“ gebündelt sind, bleibt der Kombinierte Verkehr als eigenständiges Ressort bestehen. Die bisherigen Vorstandsressorts wie Vertrieb, Angebotsmanagement und Produktion wurden aufgelöst – ihre Aufgaben gehen in die neuen Strukturen über.

Der frühere Systemansatz – eine zentrale Optimierung von 2.700 Lokomotiven und rund 70.000 Güterwagen – war unter idealen Bedingungen leistungsstark. Doch mit der heutigen, oft gestörten Infrastruktur stoßen solche Modelle an ihre Grenzen. Baustellen, Verspätungen und grenzüberschreitende Komplexität machen hochverknüpfte Prozesse anfällig. Deshalb setzen wir nun auf kleinere, klar verantwortliche Einheiten mit operativer Steuerung vor Ort.
Tabea Klang – Die Frau hinter dem Wandel
Wenn Theorie auf Realität trifft, braucht es jemanden, der den Überblick behält. Bei DB Cargo ist das seit 1. September 2024 Tabea Klang. Als Leiterin des Transformationsprogramms der Güterbahntochter der Deutschen Bahn AG verantwortet sie eines der umfassendsten Restrukturierungsvorhaben im europäischen Schienengüterverkehr – mit strategischem Weitblick, klarer Zielorientierung und einem feinen Gespür für Veränderung.
Klang agiert als zentrale Schnittstelle zwischen Vorstand und den geschäftlichen Einheiten. Ihr Auftrag: Die tiefgreifende Neuausrichtung des Unternehmens erfolgreich in die Praxis umzusetzen. Dabei verbindet sie Strategie und Umsetzung – von der übergeordneten Neuausrichtung bis zur konkreten Integration aller Maßnahmen.
In ihrer Funktion als Transformationsmanagerin beim Vorstand koordiniert sie die Umgestaltung – bei ihr laufen die Fäden zusammen.
Ihr Ziel ist klar: den ambitionierten Transformationsplan in eine zukunftsfähige, wirtschaftlich tragfähige Unternehmensrealität zu überführen. Bei DB Cargo heißt das: Es braucht viele Perspektiven, Erfahrung – und den Mut, Dinge neu zu denken.
„Transformation ist kein Buzzword, Wandel braucht viele Hände“, sagt Klang. Und sie weiß, wovon sie spricht. DB Cargo verändert dabei nicht nur Strukturen, sondern auch das Selbstverständnis des Unternehmens: „Wir bauen im laufenden Betrieb um – quasi unter dem rollenden Rad.“
Die ersten 100 Tage seien intensiv und fordernd gewesen: Personalumbau und neue Führungsstrukturen. All das erfordere schnelle Entscheidungen und klare Kommunikation. Doch Klang bleibt fokussiert – Theorie und Praxis greifen ineinander. Und: Die ersten Fortschritte sind sichtbar.
Was sie antreibt? Die Überzeugung, dass Schienengüterverkehr ein zentraler Baustein nachhaltiger Logistik ist – und dass DB Cargo als logistisches Rückgrat für Industrie und Handel eine Schlüsselrolle spielt.
„Die Führungsmannschaft bringt das Unternehmen auf Kurs“, sagt Klang. „Der Weg ist herausfordernd, aber machbar. Wir gehen ihn gemeinsam. Das ist das Entscheidende“.

Transformation ist kein Selbstzweck – sie ist Zukunftssicherung
Unsere Umstrukturierung ist mehr als ein internes Projekt. Sie ist ein sichtbares Zeichen dafür, dass wir den Wandel aktiv gestalten – verantwortungsvoll, mutig und zielorientiert. Die ersten Monate der Umsetzung zeigen: Die Richtung stimmt, erste Effekte sind spürbar. Die EU-Kommission hat unsere Transformation nicht nur genehmigt, sondern als tragfähigen Weg bestätigt.
Jetzt liegt es an uns, diesen Weg weiterzugehen – konsequent, mit klarer Verantwortung und im engen Dialog mit unseren Kunden und Mitarbeitenden. Denn eines ist klar: Die Transformation ist kein Selbstzweck. Sie ist unsere Antwort auf die Anforderungen eines sich wandelnden Marktes – und unser Weg, das Rückgrat für eine nachhaltige, zukunftsfähige Logistik in Europa zu bleiben.
In den kommenden Ausgaben von Deine Bahn stellen wir alle sieben Geschäftseinheiten im Detail vor.
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