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Dritte Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung

Fundament für eine starke Schiene

Gleis im Sonnenaufgang
Foto: DB AG/Volker Emersleben

Die Unterzeichnung der dritten Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV III) ist eine gute Nachricht nicht nur für die Deutsche Bahn, sondern für den gesamten Schienensektor. Die beteiligten Vertreter der Bundes­regierung, Verkehrsminister Andreas Scheuer und Finanzminister Olaf Scholz, sprechen unisono vom größten ­Modernisierungs- und Investitionsprogramm in der Geschichte der Bahn in Deutschland.

Die Rekordsumme von 86 Milliarden Euro steht in den kommenden 10 Jahren für die Instandhaltung und Erneuerung der Schieneninfrastruktur bereit. Ein robustes und modernes Schienennetz ist die Grundlage für einen zuverlässigen und leistungsfähigen Bahnbetrieb und damit für attraktive Verkehrsangebote auf der Schiene. Davon profitieren alle Nutzer des Schienennetzes, innerhalb wie außerhalb des DB-Konzerns.

Die Kunden der Verkehrsunternehmen werden Verbesserungen etwa in Form von pünktlicheren Zügen und barrierefreien Bahnhöfen spüren. Und nicht zuletzt gewinnen die Industriepartner der Bahn mehr Planungssicherheit und können ihre Kapazitäten langfristig steuern, denn die Laufzeit der neuen LuFV hat sich auf zehn Jahre verdoppelt.

Mit im Schnitt 8,6 Milliarden Euro im Jahr haben sich die zur Verfügung stehenden Finanzmittel um mehr als die Hälfte gegenüber der vorangegangenen LuFV II erhöht. Das Geld wird unter anderem in die Erneuerung von jährlich mehr als 2.000 Gleiskilometern, Weichen und Brücken fließen. Veraltete Bahnanlagen und die Leit- und Sicherungstechnik werden modernisiert. Hilfsbrücken, zusätzliche Weichen und Signale sorgen dafür, die Auswirkungen der Bautätigkeit im Netz auf den Bahnverkehr zu vermindern.

Politisches Bekenntnis zur Verkehrs­wende bekommt Substanz

Im vergangenen Jahr, dass die Branche angesichts der zahlreichen positiven Signale aus der Politik so hoffnungsvoll gestimmt hatte, betonten Verbände und Interessenvertreter immer wieder zurecht, dass die ehrgeizigen Ziele nur erreicht werden können, wenn die öffentlichen Mittel für die Schiene deutlich steigen.

Die Lobbyarbeit der Verbände im Umfeld der Haushaltsberatungen des Bundestages – und vielleicht auch die lautstarken Proteste der jugendlichen Klima­aktivisten von „Fridays for Future“ – haben Wirkung gezeigt: Bereits zum Jahresende konnten sich Länder und Kommunen über steigende Zuwendungen des Bundes für den Regional- und Nahverkehr freuen. Der Etat des Bundesprogramms für den Schienen­güterverkehr wurde ebenso aufgestockt wie die Mittel zur Förderung der Automatisierung im ÖPNV und für den Ausbau der Barrierefreiheit an Bahnhöfen – was mich als Bahnhofsmanager natürlich besonders freut. Mit der LuFV III hat die Politik nun ein weiteres Mal geliefert und ihre ambitionierten Ankündigungen mit finanzieller Substanz unterlegt.

Unterschreibung der Vereinbarung
Finanzminister Scholz (2.v.r.) verfolgt die Unterzeichnung der LuFV III durch DB-Vorstandschef Lutz, Verkehrsminister Scheuer und DB-Infrastrukturvorstand Pofalla (v.l.) in den Räumen des BMVI in Berlin (Foto: DB AG/Hans-Christian Plambeck)

Der Volksmund weiß: Es ist nicht alles Gold was glänzt. So verwundert es nicht, dass es auch mahnende und kritische Stimmen zur neuen Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung gibt. Das Verkehrsbündnis Allianz pro Schiene etwa weist darauf hin, dass nicht die gesamte Summe von 86 Milliarden Euro aus Bundesmitteln kommt, sondern der Sektor ein gutes Drittel selbst beisteuern muss: in Form von Trassenentgelten, welche die EVU an den Netzbetreiber zahlen, der Dividende, die dieser an den Bund ausschütten muss, und Eigenmitteln des DB-Konzerns. Noch immer muss die Bahn Gewinn abwerfen, was niemand von der bundeseigenen Autobahngesellschaft erwartet, bemängeln die Verbände der Wettbewerbsbahnen mofair und NEE.

Wenn schnelle Erfolge ausbleiben, werden Kritiker der Bahn sicher fragen, was der Konzern mit dem ganzen Geld macht, und die Erwartungen der Bürger an eine bessere Bahn werden angesichts der gigantisch erscheinenden Beträge nicht kleiner werden. Wer hingegen schon länger in der Branche tätig ist, weiß: Die Milliarden für die Schiene müssen im Kontext betrachtet werden.

Wir blicken auf Jahrzehnte der chronischen Unterfinanzierung insbesondere der Bahninfrastruktur zurück, die ihren Teil zu den heutigen Problemen und Mängeln im Schienennetz beigetragen hat. Von den hohen Summen, die der Bund nach wie vor für den Straßenverkehr ausgibt, und den wettbewerbsverzerrenden Subventionen und Vergünstigungen für die konkurrierenden Verkehrsträger wollen wir gar nicht anfangen.

Gruppenfoto
Gemeinsam für eine starke Schiene: Der DB-Vorstand mit Neumitglied Sigrid Nikutta (3.v.l.) (Foto: DB AG/Hans-Christian Plambeck)

Geld ist nicht alles

Und wir wissen auch, dass viel nicht immer viel hilft: Die Gelder können nur sinnvoll verwendet werden, wenn Projekte entwickelt, Planungen erstellt werden und genügend Personal zur Verfügung steht, um all diese Vorhaben umzusetzen.

Hier sieht sich der Schienensektor denselben Problemen gegenüber, mit denen sich die öffentliche Hand plagen muss: in Behörden wie in Unternehmen fehlen Planer, Architekten und Ingenieure, in der Bauwirtschaft gibt es kaum freie Kapazitäten, was dazu führt, dass Mittel nicht abgerufen und Aufträge nicht vergeben werden können. Auf den gestiegenen Personalbedarf hat die DB bereits vor einiger Zeit reagiert und eine Rekrutierungsoffensive gestartet, die bereits Wirkung zeigt, so dass der Konzern in den vergangenen Jahren in großem Umfang neue Mitarbeiter einstellen konnte.

Zusätzlich steht die Bahn vor der vielleicht größten Herausforderung in diesem Kontext: das stetig wachsende Verkehrsaufkommen mit der steigenden Zahl von Baustellen im Schienennetz in Einklang zu bringen.

Entschlossen anpacken im ­Interesse unserer Kunden

Es ist daher sicher angemessen, sich von der Verabschiedung der LuFV III keine blühenden Landschaften zu versprechen, wie DB-Personenverkehrsvorstand Huber kürzlich auf einer Branchenveranstaltung anmerkte (mehr dazu ab S. 50). Vielleicht ist das Vertragswerk noch kein Durchbruch, aber sicher ein großer Schritt nach vorne. Alle Akteure im Sektor sind aufgerufen, gemeinsam für die Verkehrs- und Klimawende zu arbeiten, die nur mit einer starken Schiene gelingen kann.

Am Geld soll es jedenfalls nicht mehr scheitern, die 2020er zum Jahrzehnt der Eisenbahn zu machen, auf das nicht nur der DB-Vorstandsvorsitzende hofft. Jetzt heißt es für uns Eisenbahner: Ärmel hochkrempeln, anpacken und die an uns gestellten Erwartungen erfüllen. Das sind wir unseren Kunden schuldig.

Stimmen zur LuFV III

„Die zwanziger Jahre werden ein glänzendes Zeitalter der Bahn. Wir unterzeichnen das größte Modernisierungs­programm, das es je in Deutschland gab.“
Andreas Scheuer, Bundesverkehrsminister

„Wir starten gut gerüstet in das Jahrzehnt der Eisenbahn. Die Infrastruktur ist die Grundlage nicht nur für Wachstum und Verkehrsverlagerung, sondern auch für gute Betriebsqualität und hohe Pünktlichkeit.“
Richard Lutz, DB-Vorstandsvorsitzender

„Die in die Jahre gekommene Schieneninfrastruktur braucht jeden Euro. Nur mit deutlich steigenden staatlichen Mitteln bekommen die Menschen, was sie erwarten: ein zuverlässiges leistungsfähiges Angebot der Eisenbahnen.“
Dirk Flege, Allianz pro Schiene

„Nur auf einer besseren Infrastruktur können künftig mehr Züge fahren, und das wieder pünktlicher und zuverlässiger. Deshalb trägt die neue LuFV entscheidend zur Wende für emissionsfreie Mobilität bei.“
Dr. Ben Möbius, Verband der Bahnindustrie (VDB)

„Es kommen enorme Herausforderungen auf die Bahn zu. Die Expertise und das Engagement der Eisenbahn­ingenieure sind entscheidend für die erfolgreiche Umsetzung des LuFV-Programms.“
Dr. Thomas Mainka, Verband der Eisenbahn-Ingenieure (VDEI)

„Das NEE erwartet, dass DB Netz die Einschränkungen durch Baustellen deutlich verringern kann.“
Peter Westenberger, Netzwerk Europäischer Eisenbahnen (NEE)

 


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