
Vor rund drei Jahren erweiterte der Qualifizierungsanbieter der Deutschen Bahn, DB Training, Learning & Consulting, seinen Standort in Delitzsch zu einem Trainingszentrum mit praxisorientierten Schulungsräumen inklusive eigener Gleisanlage und Schienenfahrzeugen. Seitdem entwickelt das Unternehmen als Standort-Betreiber seinen Ansatz, praxisnahe Qualifizierungen anzubieten, stetig weiter.
Ein Team von 15 Mitarbeitenden sorgt dafür, dass auf dem 12.500 Quadratmeter großen Areal bis zu 60 Personen pro Tag zu bahnbetrieblichen Themen und Funktionen ausgebildet werden können – sowohl in Seminar- und Schulungsräumen als auch in praxisbezogenen Trainingsanlagen (Gleise und Fahrzeuge u. v. m.).
Ausgesprochene Praxisnähe
Mit Gleisen, dazu gehörenden Weichen und einem Gleisanschluss an das externe Schienennetz stellt DB Training die außerordentliche Praxisnähe des Standortes sicher. Zum Start des Ausbildungsjahres 2022 eröffnete die Deutsche Bahn das Trainingszentrum, nachdem sie die dort bestehende Qualifizierungsstätte für 1,5 Millionen Euro umgebaut hatte.
Im Zuge des Umbaus hatte die DB unter anderem eine neue, 8 Meter hohe und 35 Meter lange Leichtbauhalle errichtet, um witterungsunabhängige und praxisnahe Instandhaltungsseminare durchführen zu können. Dazu bietet die Halle auch die Möglichkeit, durch eine Arbeitsgrube Schienenfahrzeuge von unten zu inspizieren. Des Weiteren werden durch die dort ansässige unabhängige Prüf- und Zertifizierungsstelle Traffic-Cert Prüfungen im sicherheitsrelevanten Bereich sowie Notdienstseminare durchgeführt (siehe unten).
Mobile Schulungszüge
Außerdem hält der Standort zwei Schulungszüge vor, einen für Personen- und einen für Güterverkehr, deren Lehrkonzept die Vorteile besonders gut veranschaulicht, die mit der Verknüpfung von theoretischem Wissen und praktischen Fertigkeiten einhergehen. Zum Beispiel wird am Standort ein 3-tägiges Seminar mit der Escape Room-Methode zum Thema Systemwissen Bahn angeboten, welches mit einer Zugfahrt abgeschlossen wird. Das Seminar vermittelt Regeln, gesetzliche Grundlagen, betriebliche Abläufe und Grundsätze der Fahrzeuginstandhaltung, also Grundlagen im Systemwissen Eisenbahn. Auch Notfallsituationen wie Brände oder ein liegengebliebener Zug können nachgestellt werden, so dass es möglich ist, neben Mitarbeitenden von Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) auch die Mitarbeitenden von DB Sicherheit und der Bundespolizei zu schulen.
Die Züge sind nicht allein in Delitzsch begehrt, sie sind fahrbereit und dienen somit auch als mobile Botschafter für die didaktische Expertise des Standortbetreibers DB Training. Der Schulungszug für den Personenverkehr besteht aus Reisezugwagen und einer Lokomotive der Baureihe 143; der Zug für den Güterverkehr besteht aus drei Güterwagen und einer Lok (BR 345).

Standort für die ganze Branche
Mit all diesen Maßnahmen hat DB Training den DB-Standort Delitzsch auf eine neue Qualitätsstufe gehoben. Dabei steht das Trainingszentrum als Standort für Angebote für das gesamte System Bahn: Neben der erwähnten Bundespolizei schicken auch Bahnbauunternehmen und nicht-bundeseigene EVU ihre Mitarbeitenden ins Trainingszentrum nach Delitzsch, um sie dort qualifizieren und prüfen zu lassen.
Die Leistungsvielfallt des Standortes wird von Unternehmen unterschiedlichster Branchen genutzt, um ihre Mitarbeitenden zu qualifizieren. Die Möglichkeit, dort im geschützten Bereich und zu einem breiten Spektrum von Bahnberufen – vom Rangierer bis zum Eisenbahnbetriebsleiter – aus- und weiterbilden zu lassen, ist dafür Anreiz und Argument genug.
Prüfungsorganisation vor Ort
Die unabhängige Prüfungsorganisation Traffic-Cert, die auf sicherheitsrelevante Prüfungen im Bereich der Eisenbahn spezialisiert ist, bietet u. a. in Delitzsch ihre Leistungen an. Zum Beispiel die Vorbereitung und Abnahme von Prüfungen zum Erwerb des Triebfahrzeugführerscheins und von Zusatzbescheinigungen.
Auch Prüfungen im sicherheitsrelevanten Bereich für Bremsprobenberechtigte, Wagenprüfer und -meister sowie für Rangierbegleiter können bei Traffic-Cert abgelegt werden. Ebenso praxisorientierte Notdienstseminare und Sprachschulungen sowie -prüfungen für Personale im grenzüberschreitenden Schienenverkehr.

Eigene Identität und Geschichte
Insgesamt sind die Anlagen, die sich auf dem altehrwürdigen Eisenbahnstandort Delitzsch zu einem modernen Trainingszentrum zusammenfügen, eine faszinierende Mischung aus Alt und Neu. Historische Fahrzeuge stehen neben modernem Equipment. Alttechniken werden ebenso geschult wie die aktuellen Versionen von Verfahren und Systemen.
Das Team vor Ort hat noch viele Ideen und Pläne. Es reagiert auf Entwicklungen im Bahnsystem, erstellt neue Konzepte und versucht, für jeden Kunden eine Lösung seines meist systemischen Problems zu finden. Uwe Kluge und Torsten Grabner verantworten dabei unter anderem die Sicherheit und die Qualität am Standort – Kluge als Anlagenverantwortlicher und Grabner als Anschlussbahnleiter.
Derzeit ist geplant, Schulungen zu Zweiwegebaggern zu konzipieren und in das Angebot zu integrieren. Außerdem ist geplant, in das Gelände des Trainingszentrums einen funktionstüchtigen Bahnübergang für Ausbildungszwecke zu integrieren.
Es ist spannend zu sehen, wie sich der Standort entwickelt hat, und man darf gespannt sein, welche weiteren Ideen das Team – für das System Bahn –künftig realisiert.
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