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Wachstumskurs bei der Deutschen Bahn

Die Bahn bleibt das Rückgrat der Verkehrswende

visualisierung ice werk dortmund
Ab 2025 wird gebaut, zwei Jahre später soll es in Betrieb gehen: Neues ICE-Werk in Dortmund (Quelle: DB AG)

In den kommenden Wochen jährt sich der Ausbruch der Corona-Pandemie in Deutschland zum zweiten Mal. Durch alle Lockdown-Phasen, die dem Ausbruch folgten, hat die Deutsche Bahn an einem stabilen und verlässlichen Angebot für Reisende festgehalten.

Während sich im Nahverkehr der Bund, die Länder und die Aufgabenträger im Frühjahr 2021 auf die Aufrechterhaltung des Fahrplans auf Normalniveau verständigten, haben auch wir für den Fernverkehr der Deutschen Bahn (DB) die Entscheidung getroffen, das Angebot so weit wie möglich aufrecht zu erhalten und zu absehbaren Spitzen, etwa im Feiertagsverkehr, auch gezielt auszubauen. Platz, Abstand und Kapazität sind zu wichtigen Vertrauensfaktoren gegenüber dem Verkehrsmittel Bahn geworden. Das langfristige Vertrauen der Reisenden war für uns wichtiger als kurzfristige und begrenzte Einsparungen.

Digitaler bedeutet auch mobiler

Im Jahr 2019, vor der Pandemie, haben wir 150 Millio­nen Fahrgäste befördert. Insbesondere der Fernverkehr erlebte einen wachsenden Zulauf. 2020 hat sich die Zahl der Fahrgäste in Folge der Pandemie beinahe halbiert auf rund 80 Mio. Der Nachfragerückgang war besonders im Fernverkehr zu spüren: Während im Januar 2020 noch 12,4 Mio. Reisende mit der Bahn unterwegs waren, waren es im April 2020 nur noch 1,5 Mio.

Ein Blick auf das gesamte Jahr 2020 zeigt, dass sich das Mobilitätsverhalten der Bevölkerung jedoch meist analog zum Inzidenzverlauf entwickelt hat: Durch sukzessive Lockerungen und den steigenden Anteil der geimpften Bevölkerung nahm im Sommer 2021 insbesondere der Freizeitverkehr wieder zu. Im Spätsommer 2021 lag die Reisendenzahl im Freizeitreisesegment zeitweise sogar über den Vor-Corona-Werten aus 2019. Dies zeigt uns, wie schnell sich der pandemiebedingte Nachfragerückgang erholen kann. Auch die vierte Welle, die kurz darauf einsetzte, kann dieser Dynamik – und da bin ich sehr optimistisch – wenig anhaben.

Auch bin ich zuversichtlich, dass sich das Segment der Geschäftsreisenden langfristig erholen wird. Denn das verstärkte digitale Arbeiten wird nicht, gegenläufig zur häufigen Befürchtung, zu weniger Mobilität führen. Homeoffice schließt nämlich „mobile office“ nicht aus. Mit der zunehmenden Digitalisierung unserer Arbeitswelt werden wir, davon bin ich überzeugt, auch mobiler.

Klimawandel bleibt Treiber der Verkehrswende

So sehr die Pandemie die Nachfrage aktuell also noch beeinflusst, so hat sie der wachsenden Rolle, die die Eisenbahn in der Mobilität unserer Gesellschaft einnimmt, nichts anhaben können. Der Zusammenhang zwischen Inzidenzverlauf und Mobilitätsverhalten bestätigt, dass die Corona-Pandemie das Wachstum des Schienenverkehrs zwar unterbrochen, aber nicht beendet hat. Die größte gesellschaftliche Herausforderung ist und bleibt der Klimawandel.

Die Verkehrswende in Richtung Schiene ist ein elementarer Bestandteil der gesamtgesellschaftlichen Aufgabe, die CO2-Emissionen zu reduzieren. Vor der Pandemie hatten wir uns deshalb als Deutsche Bahn die Verdoppelung der Fahrgastzahlen als Ziel gesetzt. Daran halten wir weiter fest: 260 Mio. Reisende wollen wir zukünftig pro Jahr befördern.

IC 3neo vor einem Werkstor
Der neue ICE: Ab Ende 2022 steht Reisenden der neue ICE3neo zur Verfügung (Foto: DB AG)

Wachstumskurs zur Verdopplung der Fahrgastzahlen

Um dieses Ziel zu erreichen und somit aktiv an einer erfolgreichen Verkehrswende zu arbeiten, investieren wir massiv in neue Züge und Werke. Denn Kapazität ist weiterhin der Schlüssel für die Verkehrsverlagerung. Dafür investieren wir bis 2026 mehr als 11 Mrd. Euro in den Ausbau unserer Fernverkehrsflotte und mehr als 2 Mrd. Euro in den Werkeausbau.

Und diese Investitionen lohnen sich: 2020 wurde der erste XXL-ICE mit fast 1.000 Sitzplätzen eingeführt. Von aktuell 340 ICE wächst die Flotte bis 2026 auf 420 ICE. Bestellt und aktuell in der Produktion befinden sich darüber hinaus neue ECx-Züge mit erstmals stufenlosem Einstieg sowie der ICE 3neo, der für die Maximalgeschwindigkeit in Deutschland von 300 km/h ausgelegt ist. Hinzukommen KISS-Züge – Doppelstockzüge mit einer Maximalgeschwindigkeit von 200 km/h. Außerdem vergrößern neue Intercity 2-Züge die Fernverkehrsflotte. Die Doppeldecker mit 468 Sitzplätzen und einer Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h unterstützen uns langfristig dabei, alle Städte mit einer Einwohnerzahl von mehr als 100.000 an das Fernverkehrsnetz anzuschließen.

Mehr als 250 neue Züge ergänzen somit in den nächs­ten Jahren die Fernverkehrsflotte. Wir reduzieren so das Durchschnittsalter der Flotte bis 2027 von 22 auf 14 Jahre. Eine jüngere Flotte wird sich nicht nur im Reisekomfort, sondern auch in einer höheren Betriebsqualität bemerkbar machen. Den Investitions- und Modernisierungskurs wollen wir beibehalten und im kommenden Jahr sogar gezielt ausbauen.

Zuletzt, im Dezember 2021, hat der Aufsichtsrat der DB AG einen zweiten Abruf aus unserem Rahmenvertrag mit Siemens beschlossen. Die 43 ICE 3neo werden vor allem zur Realisierung des Deutschlandtaktes und der damit einhergehenden Erhöhung der Höchstgeschwindigkeit auf ausgewählten Strecken eingesetzt. Die Auslieferung der Fahrzeuge beginnt im Herbst 2024 und wird 2028 abgeschlossen.

Ein ICE 4 auf freier Strecke
Seit 2017 im Regelbetrieb in Deutschland unterwegs: Der ICE 4 ist der umweltfreundlichste ICE aller Zeiten (Foto: DB AG/Volker Emersleben)

Bahnfahren 2030: ­Hochgeschwindigkeitsverkehr 3.0

Auch am Beschaffungsbedarf ab 2030 arbeiten wir heute schon. Denn bis dahin werden uns weitere Fahrzeuge unserer Flotte altersbedingt verlassen müssen. Mit dem Projekt Hochgeschwindigkeitsverkehr 3.0 (HGV 3.0) fangen wir jetzt bereits an, die Fahrzeuge dieser neuen Eisenbahn-Ära zu konzipieren.

Dabei soll der HGV 3.0 eine neue Ära einläuten: So wie jedes Design auch ein Spiegel seiner Zeit ist, spiegeln auch die ICE-Baureihen die aktuellen gesellschaftlichen Aufgaben wider. Bestes Beispiel ist der ICE 4: Bei dem Design dieser Baureihe stand die Beförderung möglichst vieler Reisenden zu günstigen Konditionen im Vordergrund. Die Beschaffung von Zügen gestaltet sich anders, als wenn wir beispielsweise lediglich die Sitze bestellen würden. Hier wäre eine vollständige Auslieferung sehr wahrscheinlich möglich. Bei Zügen läuft es anders. Hier folgt ein neuer Zug in einem gewissen Wochenabstand dem nächsten. Bis eine Bestellung abgeschlossen ist, vergehen gerne mal ein paar Jahre. Die maximale Nutzung des Fahrgastraums hatte daher oberste Priorität, um möglichst schnell der wachsenden Nachfrage beikommen zu können.

2030 werden wir aber die Phase des schnellen Flottenzuwachses bereits gemeistert haben. Dann soll die Bahn, ob im Nah- oder Fernverkehr, fester Bestandteil der Reisekette sein und das Verkehrsmittel der Wahl. HGV 3.0 verfolgt das Ziel, das Reiseerlebnis neu zu erfinden und den Kundenanforderungen von morgen gerecht zu werden. Mit dem Design verfolgen wir ein Ziel: „Mein Zuhause unterwegs“, was für uns bedeutet, dass Reisende ihre Zeit an Bord individuell gestalten können.

grafische Darstellung der verschiedenen ICE-Generationen
Seit 30 Jahren sind die Intercity-Express-Züge auf der Schiene unterwegs (Quelle: DB Vertrieb GmbH)

Kein Flottenausbau ohne Werkeausbau

Eine größere Flotte allein reicht für eine nachhaltige Verkehrsverlagerung auf die Schiene nicht aus. Darum investieren wir auch in den Neu- und Ausbau unserer Werke sowie die Vergrößerung von Abstellmöglichkeiten. So werden in Nürnberg und Dortmund neue DB Fernverkehr-Werke geplant, um den wachsenden Instandhaltungsanforderungen einer wachsenden Flotte gerecht zu werden. Auch werden wir neue Technologien wie zum Beispiel E-Check und Robotik einführen, mit der wir die Instandhaltung digitaler und effizienter machen.

Ein IC 2 auf freier Strecke
Seit Dezember 2015 wird die Intercity-Flotte durch neue doppelstöckige Intercity-2-Züge ergänzt (Foto: DB AG/Gregor Wagner)

Schritt für Schritt Richtung Deutschlandtakt

Eine größere Flotte ist auch für die Realisierung des Deutschlandtaktes unerlässlich. Im Sinne des Deutschlandtaktes werden wir unser Angebot kontinuierlich ausbauen und die Taktfrequenz zwischen den Metropolen erhöhen. Mehr als 30 Städte wollen wir so im Fernverkehr im Halbstundentakt verbinden. Auch weitere Bahnhöfe schließen wir an den Fernverkehr an. Neben der Verdopplung der Reisendenzahlen möchten wir auch flächenmäßig mehr Menschen für die Bahn gewinnen: 80 Prozent der Bevölkerung sollen im Rahmen des Deutschlandtaktes die Option auf einen direkten Zugang zum Fernverkehr erhalten. Mit dem Deutschlandtakt nimmt die Bahn im Wettbewerb mit der Straße und dem Luftverkehr eine stärkere Position ein als bislang.

Diese wachsende Rolle der Eisenbahn wird auch unter der neuen Regierung fortgesetzt. In ihrem Koalitionsvertrag hat die neue Bundesregierung starke Impulse für die Stärkung der Schiene gesetzt und sich zum Deutschlandtakt sowie zur Verdopplung der Reisendenzahlen bekannt. Die Tatsache, dass die Schiene erstmalig mehr Investitionen als die Straße erhält, bestätigt uns als Eisenbahn abermals darin, welch prominente Rolle wir in der Verkehrsverlagerung einnehmen. Und auch wenn unser Wachstumskurs, den wir vor der Pandemie erfolgreich eingeschlagen hatten, sich aktuell noch abhängig vom Inzidenzverlauf entwickelt, setzen wir diesen Kurs nach Pandemieende fort.


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