
Im Zuge der umfassenden Generalsanierung der Riedbahn vom 15. Juli bis 15. Dezember 2024 stellte die regelmäßige Bedienung der bestehenden Gleisanschlüsse eine zentrale Herausforderung dar. Insbesondere für die dreizehn betroffenen Gleisanschlüsse musste während der Totalsperrung der Strecke eine zuverlässige Bedienung mindestens einmal pro Nacht gewährleistet werden.
Um dieser Aufgabenstellung gerecht zu werden, wurden verschiedene Lösungsansätze entwickelt. Diese umfassen die Einführung eines spezifischen Regelwerks für die Bedienung von Gleisanschlüssen im Baugleis, den Einsatz von Sperrfahrten mit einer geplanten Erprobung im Januar 2024 auf der Riedbahn sowie die Durchführung von Bedienfahrten im Baugleis auf Basis geltender Regelwerke.
Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf einem umfassenden Sicherheitsansatz, der auf fünf tragenden Pfeilern basiert, darunter die zeitliche Trennung von Fahren und Bauen sowie zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen zur Minimierung von Risiken. Der vorliegende Artikel beleuchtet die Umsetzung dieser Maßnahmen auf der Riedbahn, die damit verbundenen Herausforderungen und die technischen Lösungsansätze, die zur Unterstützung dieses komplexen Vorhabens beitragen sollen.
Hintergrund zur Generalsanierung
Aufgrund des jahrzehntelangen Instandhaltungsrückstaus der Eisenbahninfrastruktur ergibt sich eine dringende Notwendigkeit der streckenweiten Sanierung. Besonders betroffen sind die wichtigsten Hochleistungskorridore (HLK), die die bedeutenden Knotenpunkte unseres Landes miteinander verbinden. Störungen auf diesen HLK wirken sich auf weite Teile des Netzes aus, da etliche Zugläufe diese zumindest abschnittsweise befahren. Für die 70 km lange „Riedbahn“, die Strecke Mannheim–Frankfurt trifft dies besonders zu.
Eine Sanierung „unter dem rollenden Rad“ hätte viele Jahre mit etlichen Zwischenzuständen benötigt. Deshalb wurde der Plan für die Generalsanierung in Totalsperrung entwickelt, bei den Entscheidungsträgern vorgestellt und von Politik und Bahn gemeinsam beschlossen und umgesetzt (siehe dazu auch den Beitrag ab Seite 14).
Für mehr als fünf Monate ruhte der gesamte Verkehr auf der Riedbahn. Züge des Personenfernverkehrs und langlaufende Güterzüge wurden umgeleitet, Züge des Nahverkehrs durch ein ausgeklügeltes Netz von Buslinien ersetzt. Allerdings liegen an der Riedbahn etliche Gleisanschlüsse, die nicht einfach fünf Monate nicht bedient werden konnten. Für die Bedienung dieser Anschlüsse war ein Konzept zu entwickeln, das im Folgenden näher beschrieben wird.

Erfordernis der Bedienung von Gleisanschlüssen
Die Wirtschaft benötigt attraktive Schienenangebote, die im Wettbewerb zur Straße konkurrenzfähig sind (Quelle: Gleisanschluss-Charta des VDV, Januar 2024). An die Infrastruktur der DB InfraGO schließen aktuell ca. 2.300 Gleisanschlüsse an. Diese Infrastrukturanschließer (sog. Hauptanschließer) haben in zahlreichen Fällen weitere anschließende Infrastrukturbetreiber (sog. Nebenanschließer) bzw. Unternehmen, die innerhalb der Gleisanschlüsse an entsprechenden Ladestellen oder Terminals Frachten umschlagen. Hinzu kommen ca. 400 Ladestellen der DB InfraGO und 24 Terminals der Deutschen Umschlaggesellschaft Straße und Schiene (DUSS).
Durch Baumaßnahmen der DB InfraGO zur Modernisierung, Erneuerung und Instandsetzung der Schieneninfrastruktur werden diese Infrastrukturanschlüsse und Serviceeinrichtungen (nachstehend Zugangsstellen genannt) temporär beeinträchtigt. Insbesondere durch die anstehende Generalsanierung zahlreicher Korridore mit einer erheblichen Steigerung dieser Beeinträchtigungen bedarf es konstruktiver Lösungen und eine frühzeitige Erarbeitung notwendiger Bedienungskonzepte für diese Zugangsstellen.
Dabei ist der bestehende Konflikt zwischen Fahren (Anspruch der angeschlossenen Wirtschaftsunternehmen auf stabile Bedienungskonzepte) und Bauen (fristgerechte und vertragsgerechte Durchführung der Baumaßnahmen) unter der Voraussetzung eines sicheren Bahnbetriebes in jedem Einzelfall zu lösen. Angeschlossene und verladende Industrie- und Wirtschaftsunternehmen mit wiederkehrenden Schienengüterverkehren benötigen verlässliche Schienentransportleistungen und können nicht über einen längeren Zeitraum durch infrastrukturelle Nichtverfügbarkeiten beeinträchtigt werden bzw. diese kompensieren.
Die Bedienungskonzepte für Zugangsstellen werden durch zahlreiche Fachbereiche und Zugangsberechtigte (Infrastrukturanschließer, EVU) genutzt, um in den jeweiligen Verantwortungsbereichen Maßnahmen zur Umsetzung dieser Konzepte zu ergreifen. Die Projektleitungen und zugehörige Projektsteuerungen mit den jeweiligen Bauüberwachungszentralen benötigen für die regelmäßigen Bauberatungen die vorab erarbeiteten Bedienungskonzepte. Wichtig war, darin die Disposition in den Betriebszentralen und der Netzleitzentrale mit einzubinden.

Lösungsansätze am Beispiel der Riedbahn
Während der Totalsperrung der Riedbahn im Rahmen ihrer Generalsanierung wurde die Herausforderung deutlich, betroffene Gleisanschlüsse weiterhin zu bedienen. Eine solche Bedienung ist besonders wichtig, um Firmen und Güterverkehrskunden entlang der Strecke auch unter erschwerten Bedingungen zu unterstützen. Diese Aufgabe findet unter dem Grundsatz statt, bestehende betriebliche sowie technische Regelwerke einzuhalten, insbesondere die Richtlinien Ril 408 („Fahrdienstvorschrift“) und Ril 406 („Fahren und Bauen“). Doch langandauernde Totalsperrungen erfordern spezifische Anpassungen und neue Verfahrensansätze.
Zielsetzung und Regelungsbedarf
Bei Maßnahmen aller Größenordnungen muss dem Anspruch auf Sicherheit, Effizienz und der Minimierung von Risiken Rechnung getragen werden. Besondere Aufmerksamkeit galt der Unterscheidung zwischen „unmittelbaren Bauaktivitäten“ und „kommerziellen Fahrten“. Hierbei stellte sich die Bedienung von Anschlüssen für letzteren Zweck, trotz baulicher Einschränkungen, als unabdingbare Voraussetzung für eine erfolgreiche Umsetzung der Generalsanierung dar.
Nachfolgend werden drei Lösungsansätze verglichen, die im Rahmen der Totalsperrung der Riedbahn entwickelt wurden – der dritte Ansatz (c) ist letztendlich zur Anwendung gekommen.
a. Einführung eines eigenen Regelwerks
- Ziel war die Definition spezieller betrieblicher Regelungen für Bedienfahrten von Gleisanschlüssen.
- Jedoch erwies sich diese Variante durch die lange Dauer des Regelwerkserstellungsprozesses und Überschneidungen mit bestehenden Regelwerken (Ril 406 und Ril 408) als nicht praxistauglich. Insbesondere führte die gleichzeitige Beschreibung der gleichen Regelungstatbestände in unterschiedlichen Regelwerken zu einem „statisch überbestimmten“ Regelwerk. Aus diesem Grund wurde dieser Ansatz verworfen.
b. Sperrfahrten unter der Verantwortung des Fahrdienstleiters (Fdl)
- Dieser Ansatz sieht vor, kommerzielle Fahrten als Sperrfahrten während eines definierten Zeitfensters (z. B. nachts) durchzuführen. Dazu müsste das Baugleis temporär wieder freigegeben werden.
- Die Praxis zeigte jedoch, dass die Übergabeprozesse zwischen dem Technisch Berechtigten nach Ril 406 (Abschnitt 4.2) und dem Fdl (Abschnitt 4.1) zeitaufwendig und komplex sind, besonders bei umfangreichen Maßnahmen wie der Generalsanierung. Durch das häufige Übergeben und Übernehmen der Verantwortung zwischen Technisch Berechtigtem (4.2) und Fdl (4.1) kann es möglicherweise zu Irritationen kommen. Zudem erwies sich dieser Ansatz als nicht effektiv genug für die langfristige Sperrpause.
c. Fahrten im Baugleis als Rangierfahrten
- Der praxisorientierteste Ansatz basiert auf der Nutzung bestehender Regelwerke und definiert die Bedienfahrten als Rangierfahrten im Baugleis. Dabei dienen die Fahrten in erster Linie der Ver- und Entsorgung der Baustelle. Kommerzielle Fahrten, die ausschließlich aufgrund der Baumaßnahme erforderlich sind, werden als „notwendige Fahrten im Sinne der Generalsanierung“ betrachtet.
- Durch Verzicht auf neue, übergeordnete Regelwerke wurde der Zeitplan eingehalten, und groß angelegte Anpassungen waren nicht erforderlich. Es wurden jedoch restriktive Bedingungen festgelegt, um die Anzahl der Fahrten und die Risiken so gering wie möglich zu halten.
Sicherheitsmaßnahmen bei Anschlussbedienung im Baugleis
Die Bedienung von Gleisanschlüssen während einer Totalsperrung birgt erhebliche technische und organisatorische Herausforderungen. Um Risiken für alle Beteiligten auf ein Minimum zu reduzieren, wurden klar definierte Sicherheitsmaßnahmen und restriktive Vorgaben eingeführt.Diese Maßnahmen zielen darauf ab, die Betriebssicherheit zu gewährleisten, die Belastungen für das involvierte Personal zu minimieren und gleichzeitig die betrieblichen Anforderungen zu erfüllen.
1. Minimierung der Fahrten im Baugleis
Eine der zentralen Sicherheitsmaßnahmen ist die restriktive Begrenzung der Anzahl von Fahrten im Baugleis. Fahrten dürfen nur dann durchgeführt werden, wenn sie zwingend erforderlich sind, um den laufenden Betrieb des angeschlossenen Unternehmens aufrechtzuerhalten. Dieses Prinzip folgt der „Ultima Ratio“, d. h. solche Fahrten sind nur als letztes Mittel zulässig, um Produktions- und Lieferketten beim Anschlussnehmer nicht zu gefährden. Kommerzielle Fahrten, die nicht absolut notwendig sind, werden möglichst unterbunden. Eine übermäßige Frequenz von Bedienfahrten könnte nicht nur das Risiko für das Streckenpersonal erhöhen, sondern auch Störungen auf der Baustelle verursachen.
2. Prüfung alternativer Bedienungswege
Bevor die Bedienung eines Anschlusses über das Baugleis erfolgt, wird sorgfältig geprüft, ob Waren oder Güter auch über alternative Transportwege – insbesondere über den Straßenverkehr – zugestellt werden können. Dieser Ansatz dient dazu, die Belastungen im Baugleisbereich so weit wie möglich zu reduzieren und potenzielle Konflikte zwischen Rangierverkehr und Baubetrieb zu vermeiden.
3. Ausschluss von Durchfahrten und Umleiterverkehren
Um die Sicherheit auf der Baustelle und im Baugleis zu gewährleisten, wurden Durchfahrten durch das Baugleis sowie der Umleiterverkehr über die betroffene Strecke vermieden. Der Personenverkehr wird grundsätzlich ausgeschlossen. Dadurch wird sichergestellt, dass das Baugleis ausschließlich für Baustellenverkehr und festgelegte Bedienfahrten genutzt wird, wodurch sämtliche zusätzliche Risiken und Komplexitäten im Baustellenbereich reduziert werden.
4. Optimierung der Fahrtrouten
Bei der Planung und Durchführung der Bedienfahrten wird größten Wert darauf gelegt, die kürzesten und sichersten Wegstrecken innerhalb des Baugleises zu nutzen. Fahrwege mit möglichst wenigen beweglichen Fahrwegelementen wie Weichen werden bevorzugt, um die Betriebsführung zu vereinfachen und mögliche technische Störungen zu reduzieren. Diese Optimierung trägt nicht nur zur Sicherheit, sondern auch zur Effizienz der Bedienfahrten bei.
5. Umgang mit Gefahrgütern
Wenn ein Gleisanschluss für den Transport von Gefahrgütern bedient werden muss, unterliegt dieser Prozess strengen zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen. Jede Bedienfahrt wird individuell bewertet, um potenzielle Gefährdungen zu erkennen und entsprechende Schutzmaßnahmen umzusetzen. Dies kann die Bereitstellung zusätzlichen Schutzpersonals, spezielle Fahrplanabsprachen und erweiterte Schulung des Betriebspersonals umfassen.
6. Einschränkungen für den Nutzungszweck der Bedienfahrten
Die Bedienung von Gleisanschlüssen während der Baumaßnahmen ist exklusiv den zwingend erforderlichen Fahrten zur Aufrechterhaltung des Produktionsbetriebs des Anschlussnehmers vorbehalten. Andere Fahrten, wie durchgehende kommerzielle Transporte oder Personenverkehr, fallen nicht in diesen Bereich und werden abgelehnt. Es wird sichergestellt, dass nur betriebs- und baurelevante Transporte durch das Baugleis durchgeführt werden, um die Verkehrssicherheit und Bauabläufe zu schützen.
7. Aufrechterhaltung der Betriebssicherheit durch klare Zuständigkeiten
Die betrieblichen Abläufe während der Bedienfahrten basieren auf einer klar definierten Rollen- und Verantwortungsklärung zwischen dem technisch Berechtigten (Ril 406, Abschnitt 4.2) und dem Fahrdienstleiter (Ril 406, Abschnitt 4.1). Besonderes Augenmerk wird darauf gelegt, dass diese Verantwortlichkeiten nicht unnötig oft gewechselt werden müssen, um Übergabeprozesse zu minimieren und potenzielle Fehlerquellen auszuschließen.
Durch diese umfassenden Maßnahmen und Restriktionen wird sichergestellt, dass das Baugleis im Rahmen der Generalsanierung trotz der anspruchsvollen Bedingungen sicher und effizient genutzt wird. Die konsequente Umsetzung dieser Vorgaben minimiert die Risiken für alle Beteiligten und gewährleistet gleichzeitig die notwendige Flexibilität zur Aufrechterhaltung betrieblicher Kernfunktionen entlang der Strecke.
Sicherheits-Pfeiler zur Anschlussbedienung bei Totalsperrungen
Zur sicheren und effektiven Durchführung von Bedienfahrten während der Totalsperrung wurde ein Konzept entwickelt, das auf fünf Säulen beruht. Diese Sicherheits-Pfeiler gewährleisten, dass die Schutzziele des Eisenbahnbetriebs auch bei den Bedienfahrten jederzeit eingehalten werden.
Die Maßnahmen decken technische, organisatorische und personelle Aspekte ab und sorgen für klare Strukturen und Verantwortlichkeiten.

1. Zeitliche Trennung von Fahren und Bauen
Ziel:
Vermeidung von Gefährdungen durch gleichzeitiges Rangieren und Arbeiten im Baugleis
Maßnahmen:
- Zeitfenster für Fahrten: Für Bedienfahrten werden feste Zeiträume, beispielsweise von 0:00 bis 4:00 Uhr, in der Betriebs- und Bauanweisung (Betra) vorgegeben.
- Räumung des Baugleises: Vor der Fahrtmeldung garantiert der Helfer des Technisch Berechtigten, dass das Gleis geräumt und befahrbar ist.
- Meldungen: Bedienfahrten dürfen erst beginnen, wenn der Technisch Berechtigte die Befahrbarkeit des Gleises bestätigt hat und den Fahrweg für die Rangierfahrt mit Handverschluß gesichert hat.
2. Bündelung der Verantwortung beim Technisch Berechtigten
Ziel:
Klare Zuständigkeiten und eine zentrale Steuerung aller Aktivitäten im Baugleis.
Maßnahmen:
- Ein zentraler „Technisch Berechtigter Gesamtverantwortlicher“ kontrolliert und genehmigt alle Fahrten und Aktivitäten im Baugleis. Er ist verantwortlich für die Befahrbarkeit der Gleise und die Koordination aller Fahrzeuge und Geräte.
- Grundsatz: Keine Fahrt ohne Zustimmung des Technisch Berechtigten. Dadurch entstehen klare Kommunikationswege und eine koordinierte Durchführung aller Bau- und Rangiertätigkeiten.
3. Unterstützung des Technisch Berechtigten durch Helfer
Ziel:
Effiziente Unterstützung des Technisch Berechtigten durch qualifiziertes Personal.
Maßnahmen:
- Helfer: Der Technisch Berechtigte wird durch qualifizierte Mitarbeitende („Helfer“) unterstützt, die definierte Teilaufgaben übernehmen.
- Funktion der Helfer: Sie übernehmen operative Tätigkeiten wie die Kontrolle von Abschnitten und Fahrten. Alle Helfer müssen entsprechend ausgebildet und geprüft sein.
- Begleitung der Rangierfahrten: Rangierfahrten werden durch die Helfer begleitet, um die Koordination und Sicherheit zu gewährleisten.
4. Unterteilung der Baugleise in Fahrabschnitte
Ziel:
Ermöglichung mehrerer gleichzeitiger Bedienfahrten durch klare Strukturierung des Baugleises.
Maßnahmen:
- Definition von Fahrtabschnitten: Das Baugleis wird in mehrere Abschnitte unterteilt, die durch rechts neben dem Gleis fest installierte Sh2-Scheiben markiert sind. Die Einteilung und Kennzeichnung erfolgt in der Betra.
- Freigabeverfahren: Für jeden Fahrtabschnitt erfolgt eine Freigabe durch den Technisch Berechtigten oder einen Helfer.
- Kennzeichnung und Orientierung: Die Sh2-Scheiben sind mit zusätzlichen Hinweisschildern (z. B. Kilometerangaben) versehen, um eine eindeutige Kommunikation und Orientierung zu gewährleisten.
- Regelung der Fahrten: Während der Bedienfahrten darf in den Nachbargleisen keine Bautätigkeit stattfinden, um Risiken zu minimieren.
5. Zusätzliche Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit
Ziel:
Maximale Sicherheit für alle Fahrten und ein hohes Maß an Kontrolle.
Maßnahmen:
- Fahrwegabsicherung: Alle Weichen im Fahrweg werden durch Handverschlüsse gesichert, um eine unkontrollierte Veränderung der Stellung zu verhindern.
- Zugnummern-Logik: Bedienfahrten behalten die Zugnummer bei, die sie vor dem Fahrtantritt hatten (GSM-R-Registrierung bleibt aktiv). So bleibt der Triebfahrzeugführer (Tf) durchgängig über Zugfunk erreichbar.
- Protokollierung: Jede Vorbeifahrt an einer Sh2- Scheibe wird dokumentiert, z. B. mit einer Meldung wie „58360 an Sh2-Scheibe in km 15,4 vorbegefahren“. Diese Informationen werden aufgezeichnet, um den Verlauf der Fahrten nachvollziehbar zu machen.
Die Gesamtstruktur der fünf Sicherheits-Pfeiler gewährleistet ein Höchstmaß an Betriebssicherheit bei gleichzeitiger Effizienz der Rangierfahrten. Durch zeitliche Trennung von Bau- und Fahraktivitäten, klare Zuständigkeiten, die Unterteilung der Baugleise sowie zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen konnten Bedienfahrten auch unter herausfordernden Bedingungen sicher und zuverlässig durchgeführt werden.
Das dargestellte Konzept der Bedienfahrten hat sich bei der Generalsanierung der Riedbahn auch in der Praxis bewährt. Es gab während der gesamten Sperrung keinen sicherheitsrelevanten Vorfall oder Arbeitsunfall.

Risikomanagementverfahren und UBS-Einbindung
Im Rahmen der Bedienungskonzepte für Fahrten im Baugleis wurde ein strukturiertes Risikomanagementverfahren gemäß der Europäischen Verordnung CSM-RA (Common Safety Methods – Risk Assessment) durchgeführt. Obwohl die Änderungen als nicht signifikant eingestuft wurden, wurden sie wie signifikante Änderungen behandelt, um ein Höchstmaß an Sicherheit zu gewährleisten.
Die Unabhängige Bewertungsstelle (UBS) der DB InfraGO AG wurde beauftragt, einen Sicherheitsbewertungsbericht zu erstellen, dessen Anforderungen in die Regelungen für die Baustelle Riedbahn aufgenommen wurden. Beispielhaft wurde die Begleitung der Tf als zusätzliche Sicherheitsmaßnahme implementiert.
Das Verfahren gemäß CSM-RA erfüllt die europäische Verpflichtung, Änderungen an Teilsystemen des Eisenbahnsystems – wie Infrastruktur, Betrieb und Instandhaltung – risikobasiert zu bewerten. Es gewährleistet eine systematische Identifikation von Gefährdungen, eine risikobasierte Maßnahmenfestlegung sowie die Nachweisführung, um die Sicherheit von betrieblichen und technischen Änderungen zu gewährleisten.
Für den Pilotbetrieb von Bedienfahrten im Baugleis der Riedbahn (15.07.2024 bis 15.12.2024) wurde die notwendige CSM-RA erstellt, die sich auf bestehende Regelwerke (Ril 406, Ril 408) und technische Vorgaben zur Befahrbarkeit stützte. Für künftige Projekte, wie weiterführende Generalsanierungen, muss jede Maßnahme individuell bewertet werden, um mögliche neue Risiken zu identifizieren, die von der bisherigen CSM-RA nicht abgedeckt sind. Dies kann gegebenenfalls ein vollständiges, formalisiertes Verfahren mit Evaluierung durch eine Bewertungsstelle erfordern, da jede Baustellensituation spezifische Anforderungen und Rahmenbedingungen (etwa Infrastruktur- und Fahrparameter) mit sich bringt.
Wie geht es weiter?
Auf der Riedbahn wurden während der Generalsanierung hunderte Bedienfahrten sicher und zuverlässig durchgeführt. Dabei ist die Riedbahn nur die erste von über 40 geplanten Generalsanierungen im Netz der DB InfraGO AG. Viele dieser Generalsanierungen haben ebenfalls Gleisanschlüsse, die auch während der Totalsperrung bedient werden müssen.
Für jede entsprechende Maßnahme ist das Bedienkonzept zu erstellen und durch eine Risikobewertung zu unterlegen. Dabei können die Szenarien der Riedbahn als Referenz im Sinn der CSM-RA verwendet werden. Dabei sind jedoch stets die jeweiligen Randumstände zu beachten.
Um dabei die Bearbeitenden zu unterstützen und von den bisherigen „Lessons learned“ der Projekte zu profitieren, wird ein Handlungsleitfaden erstellt und weiterentwickelt, der die jeweilige Vorgehensweise beschreibt.
Lesen Sie auch:
Artikel als PDF laden