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Betriebliche Personale

Kampagne „Mit Sicherheit!“ der DB Netz AG

Foto: DB AG/Volker Emersleben
Foto: DB AG/Volker Emersleben

Die Eisenbahn in Deutschland ist neben ihren umweltfreundlichen und nachhaltigen Attributen auch eines der sichersten Verkehrsmittel. Im Zehnjahresschnitt von 2012 bis 2021 war das Risiko für Reisende, mit dem Zug tödlich zu verunglücken 55-mal geringer als für Insassen eines Autos (Quelle: Allianz pro Schiene 12/2022). Trotz dieser hohen Sicherheit ist der Schienenverkehr nicht völlig frei von Unfällen – dank bewährter Sicherheitstechnik in den Stellwerken sind meistens menschliche und organisatorische Faktoren (MOF) die Ursache hinter den Fehlhandlungen.

Kampagnenlogo „Mit Sicherheit!“ (Quelle: Christian Ehrhardt)
Kampagnenlogo „Mit Sicherheit!“ (Quelle: Christian Ehrhardt)

Auf der Infrastruktur der Deutschen Bahn AG gewährleistet der Betrieb der DB Netz AG die sichere Betriebsdurchführung mit einer hohen Betriebsqualität. Sicherheit ist damit die wichtigste Aufgabe, welche stetigen Verbesserungsprozessen unterliegt, um Schwachstellen zu identifizieren und somit Fehler von Menschen auszuschließen oder deren Folgen zu vermindern.

Mit der Kampagne „Mit Sicherheit!“ sensibilisiert der Betrieb seit 2022 das Thema „Routine und Aufmerksamkeit“ bei Bedienhandlungen der Stellwerkspersonale und trägt dazu bei, die Sicherheitskultur des Bahnbetriebs zu stärken. Dabei werden die Vorgaben der EU-Verordnung 2018/762 über gemeinsame Sicherheitsmethoden bezüglich der Anforderungen an Sicherheitsmanagementsysteme hinsichtlich der MOF nach dem Modell der Europäischen Eisenbahnagentur (ERA) umgesetzt und eine entsprechende Sicherheitskultur aufgebaut.

Analysen von gefährlichen Ereignissen und betrieblichen Fehlhandlungen von Stellwerkspersonalen zeigen, dass vielfach nicht fehlendes Wissen als Ursache zu begründen ist, sondern die Tatsache, wie mit dem vorhandenen Wissen umgegangen und mit wieviel Aufmerksamkeit und Sorgfalt entsprechend nach den Regelungen gehandelt wird („Routine kann tödlich sein!“).

Wer kennt sie nicht? Plakate, die für die Einhaltung der Arbeits- und Betriebssicherheit sensibilisieren. Mit diesen wurde vor Jahrzehnten schon anschaulich auf Gefährdungen und Risiken hingewiesen. Die Plakate sind oftmals auch noch heute auf Betriebsstellen und Stellwerken ausgehängt.

Die Kampagne „Mit Sicherheit!“ knüpft mit zwei neuen Plakaten mit dem Leitspruch „Sicherheit zu jeder Zeit!“ daran an und leistet damit einen weiteren Beitrag zur Betriebssicherheit.

Historische Plakate zur Arbeits- und Betriebssicherheit
Historische Plakate zur Arbeits- und Betriebssicherheit (Quelle: Privat)

Alle Voraussetzungen erfüllt?

Werden Hilfshandlungen häufig und wiederholt durchgeführt, dann kann es dabei zu „gefährlicher Routine“ kommen. Wird beispielsweise eine Zugfahrt mit besonderem Auftrag notwendig, sind die technischen Sicherungen nicht mehr vollständig gewährleistet.

Oft kommt dann noch hinzu, dass eine Zugfahrt bereits verspätet ist oder eine Verspätung droht. In diesem Moment darf es nicht zu einer übereilten Handlung durch den Bediener kommen, da für eine sichere Betriebsabwicklung eine hohe Konzentration und Aufmerksamkeit erforderlich ist.

Hast Du an alles gedacht?

Bei Störungen, Bauarbeiten, Gleisbelegungen etc. sind Hilfssperren und Merkhinweise anzubringen. Damit wird unüberlegten oder vorschnellen Handlungen vorgebeugt. Die Vereinfachung von Bedienhandlungen oder drohende Verspätungen sind keine Gründe, um von Regelungen abzuweichen. Die Fahrdienstvorschrift schreibt das oberste Gebot der Sicherheit vor.

Plakate Ersatzsignal und Hilfssperre aus der Kampagne „Mit Sicherheit!“
Plakate Ersatzsignal und Hilfssperre aus der Kampagne „Mit Sicherheit!“ (Quelle: DB Netz AG, Betrieb, I.NBB 42)

Sicherheitskultur stärken

Mit dem Sicherheitsmanagementsystem (SMS) wird eine Sicherheitskultur gefördert, die auf Vertrauen, Verständnis und Verhalten der Mitarbeitenden aufbaut. Sie berücksichtigt demnach möglichst alle Faktoren, die zu einer Entscheidung und einem menschlichen Verhalten beitragen. Dabei spielen die systematischen Analysen zu menschlichen und organisatorischen Faktoren eine entscheidende Rolle.

Um die Umsetzung der Sicherheitskultur zu unterstützen, hat die ERA das Modell der Eisenbahnsicherheitskultur (ERSCM) entwickelt. Dieses Modell bewertet die bestehende Sicherheitskultur und identifiziert Verbesserungspotenziale. Es zeigt Wegbereiter auf, die sich auf Verhaltensmuster von Mitarbeitenden auswirken und sich in der Erfüllung der Grundvoraussetzungen für die Sicherheitskultur äußern.

Die Kampagne setzt insbesondere bei den Wegbereitern an und forciert dabei Maßnahmen im Bereich „Verbreiten“ und „Verstärken“. So wirken beispielsweise die zwei Plakate mit dem Leitspruch „Sicherheit zu jeder Zeit!“ sensibilisierend auf die Verhaltensmuster der Mitarbeitenden ein. Stellwerksbauartspezifische und speziell auf bestimmte Fokusthemen bezugnehmende Plakate sind als Fortsetzungsreihe geplant und werden zusammen mit Mitarbeitenden entwickelt und für den Aushang veröffentlicht.

Modell der Sicherheitskultur
Modell der Sicherheitskultur (Quelle: https://www.era.europa.eu/domains/safety-management/safety-culture/safety-culture-model)

Anfang 2024 wird ein Kurzfilm zur Thematik „Routine und Aufmerksamkeit“ veröffentlicht. Dabei trifft Otto, der Fahrdienstleiter im Bahnhof Kleinstadt, auf eine stressige Störungssituation, die er durch erhöhte Aufmerksamkeit und nach den Regelungen abarbeitet, um die Zugfahrten mit größtmöglicher Sicherheit durchzuführen.

Bild aus dem Kurzfilm zum Thema Routine und Aufmerksamkeit
Bild aus dem Kurzfilm zum Thema Routine und Aufmerksamkeit (Quelle: DB Netz AG, Betrieb, I.NBB 42)

Ursachen hinter der Ursache erkennen

Um eine positive Sicherheitskultur weiterzuentwickeln, steht der Umgang mit der Fehlerkultur an vorderster Stelle. Dabei muss die Sichtweise auf menschliche Fehler tiefgründig betrachtet werden. Nur wenn „das Warum“ einer menschlichen Fehlhandlung bekannt ist, können wirksame Maßnahmen und damit verbundene Verbesserungsprozesse abgeleitet werden. Da meist Fehlhandlungen in Kombination mit mehreren Ursachen einhergehen, ist es wichtig die „Ursachen hinter der Ursache“ herauszufinden.

Um die Ursachen des Verhaltensmusters eines Mitarbeitenden mit getätigter Fehlhandlung besser verstehen zu können, ist die systematische Ereignisanalyse mit diesem selbst und damit verbunden mit einem Perspektivwechsel von großem Vorteil. Nur so können eventuell beeinflusste Verhaltensmuster des Mitarbeitenden, die beispielsweise in Arbeitsgestaltung, Arbeitsbelastung oder Müdigkeit zu finden sind, beobachtet und identifiziert werden.

Fernab von veralteter Sichtweise auf menschliche Fehlhandlungen mit Schuldzuweisungen geht es heute um das detaillierte Erkennen von Ursachen. Menschliche Fehlhandlungen sind der Startpunkt, nicht die Schlussfolgerung einer Analyse. Diese neue Sichtweise ist ein wesentlicher Baustein für die Betriebssicherheit und damit ein Garant für die sichere und regelkonforme Durchführung des Eisenbahnbetriebs. Lesen Sie dazu auch den Beitrag ab S. 18 in dieser Ausgabe.

Die Kampagne „Mit Sicherheit!“ rückt das Thema der Sicherheitskultur stärker in das arbeitsalltägliche Bewusstsein. Mitarbeitende werden aktiv aufgefordert, sich an Diskussionen zu den Aktionen der Kampagne zu beteiligen, bei Verbesserungspotenzialen mit ihren Erfahrungen mitzuwirken und sich damit mit dem Thema „Routine und Aufmerksamkeit“ intensiv auseinanderzusetzen.

Wird durch die Intention dieser Kampagne nur eine einzige Fehlhandlung vermieden, wird ein Beitrag zur Verbesserung der Betriebssicherheit geleistet.


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