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Verkehrswende

Ausbau der Schienenwege für eine bessere Bahn

Foto: DB AG/Kai Michael Neuhold

Für eine bessere Qualität benötigt der Systemverbund Bahn vor allem mehr Kapazität – bei der Infrastruktur, beim operativen Personal und bei den Fahrzeugen. Das hat der Vorstand der Deutschen Bahn in seiner „Agenda für eine bessere Bahn“ in den Mittelpunkt gerückt. Auf dem Weg dorthin will die DB in den kommenden Jahren in Mitarbeiter, Infrastruktur, rollendes Material, Qualität und Digitalisierung investieren. Ein besonderer Fokus liegt hierbei auf dem Erhalt und dem Ausbau der Infrastruktur sowie der zügigen Beseitigung von Engpässen.

Ziel ist es, eine Erhöhung der Verfügbarkeit und Qualität der Infrastruktur und ausreichende Kapazität zur Verfügung zu stellen. Damit erfüllt die Bahn ihre unternehmerischen, aber auch ihre verkehrspolitischen Aufgaben, deren Grundlagen im Folgenden analysiert werden.

Mit der Steigerung der Kapazität im Schienennetz erfüllt die Bahn ihren verkehrspolitischen Auftrag im Rahmen der Verkehrswende

Treibhausgase und Staus: Status des Verkehrs in Deutschland

Die Länge der Staus auf deutschen Autobahnen hat sich in den letzten zehn Jahren mehr als vervierfacht. Das zeigt die im Januar 2019 vom ADAC veröffentlichte Staustatistik.[1] Der durch Staus 2018 verursachte volkswirtschaftliche Schaden beträgt zirka 100 Milliarden Euro pro Jahr.[2]

Mehrere Entwicklungen tragen zu diesem Phänomen bei: Der Anteil der Arbeitnehmer, die täglich mehr als 25 Kilometer (km) pendeln, ist seit 1996 um 30 Prozent gestiegen. Rund 80 Prozent der Pendler nutzen für den täglichen Weg zur Arbeit ihr Auto.[3] Gleichzeitig ist die Beförderungsleistung im Güterverkehr seit 2000 um zirka 30 Prozent gestiegen. Zu über 70 Prozent erfolgt der Gütertransport auf der Straße.[4] Aus der Zunahme des Straßenverkehrs resultieren jedoch nicht nur längere Stauzeiten, sondern auch steigende Unfallzahlen[5] und höhere Feinstaub- und Stickoxidemissionen.

Da der Anteil des Verkehrssektors an den Gesamtemissionen heute bei zirka 18 Prozent liegt, wird sich das Ziel, die Treibhausgasemission um 95 Prozent bis 2050 zu reduzieren, ohne eine Verkehrswende nicht erreichen lassen.

Lösungen für Deutschlands Verkehrsprobleme

Die Kombination der Herausforderungen im Verkehr – Klimawandel, Schadstoffemission und drohender Verkehrskollaps – wird sich nicht allein über isolierte Maßnahmen wie Abgasfilter oder Fahrverbote in Innenstädten lösen lassen. Auch der aufwändige Umstieg auf Elektroautos wird diesen Herausforderungen nicht begegnen können. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln und insbesondere der Bahn stehen uns aber Verkehrsträger zur Verfügung, die es uns ermöglichen, mobil zu sein, ohne unserem Klima Schaden zuzufügen.

Die schon heute verschwindend geringe Treibhausgas-Emission der Bahn gegenüber dem PKW macht deutlich, dass ein Umstieg auf Bus und Bahn unseren klimatischen Fußabdruck erheblich reduzieren kann. Vergleichbares gilt für Stickstoffemissionen.

Die geplante Steigerung des Anteils regenerierbarer Energien im Bahnverkehr von heute 57 auf 80 Prozent im Jahr 2030 ist im Vergleich zum Wechsel auf Elektroautos unkompliziert, da Verkehrsinfrastruktur und Fahrzeuge weitgehend unangetastet bleiben, und führt zu einer weiteren Emissionsreduktion.

Die Kapazität ist entscheidend

Wie kann die Bahn nun so attraktiv werden, dass ein großer Teil der Pendler und Spediteure sie nutzt?

Die DB Netz AG, die das rund 33.000 km umfassende Schienennetz Deutschlands betreibt, steht im Fokus, wenn es darum geht, mehr Verkehr auf die Schiene zu lenken. Ihr Beitrag liegt insbesondere darin, die Kapazität für Verkehr auf der Schiene dort bereitzustellen, wo sie benötigt wird. Damit wird die Basis geschaffen, um allen Endkunden ein passendes Mobilitätskonzept anzubieten.

Kurzfristig bedeutet dies, die bereits vorhandenen Kapazitäten optimal zu nutzen. Dazu arbeitet die DB Netz daran, auf besonders wichtigen und sensiblen Strecken (Plankorridoren) durch präventive Maßnahmen, wie frühzeitigem Grünschnitt und Austausch von Weichen, Störungen zu vermeiden und damit die vorhandene Kapazität auslasten zu können. Auf dem Korridor Köln–Dortmund konnte so zusammen mit kapazitätsschonenden Bauverfahren im Jahr 2018 die Pünktlichkeit spürbar verbessert werden.

Weitere kurzfristig wirkende Maßnahmen sind Inves­titionen in das bestehende Netz und eine deutschlandweite Koordination von Baustellen, die Kapazitäts­verluste durch Bautätigkeiten minimiert.

Daneben erweitert die DB Netz zielgerichtet die Kapazität durch Netzausbau und die Digitalisierung der Leit- und Sicherungstechnik. Auf diesem Vorhaben und der Frage, wie damit die Attraktivität des Schienenverkehrs erhöht wird, liegt der Fokus der weiteren Betrachtungen.

Streckenneu- und -ausbau von 2014 bis 2023. In den nächsten fünf Jahren wird die Schienenkapazität verstärkt über die Digitalisierung der Leit- und Sicherungstechnik ausgebaut (Quelle: DB Netz AG)

Attraktivität des Schienen­personenverkehrs steigern

In den letzten fünf Jahren hat die DB Netz Neubaustrecken mit einer Schienenlänge von knapp 700 km in Betrieb genommen. Hierdurch wurde beispielsweise die Fahrtzeit von München nach Berlin von 6 auf 4 Stunden verkürzt. Dies führte dazu, dass die Bahn dem Flugzeug 18 Prozent und dem Auto 5 Prozent Marktanteil im Jahr 2018 abnehmen konnte und nun den größten Teil der Reisenden auf dieser Strecke befördert. Ein guter Beweis für die hohe Attraktivität des neuen Angebots.

Für die Fahrgäste spielt neben der schnellen Verbindung der Metropolen auch die Wegezeit auf den letzten Kilometern eine Rolle. Diesen Anforderungen stellt sich die DB Netz mit ihrer Strategie für den weiteren Ausbau, der in den nächsten fünf Jahren verkehrliche Verbesserungen durch neue Strecken, Elektrifizierungs- und Digitalisierungsmaßnahmen auf über 5.000 km des Bahnnetzes vorsieht.

Insbesondere für die Pünktlichkeit neuralgische Bahnknoten wie Frankfurt, Köln, Hamburg und Berlin werden ausgebaut. Zugleich wird die Anbindung der Wohn- und Arbeitsorte verbessert. So können beispielsweise Fahrgäste der Bahn von Ende 2019 an nicht nur in 50 Minuten von Köln an den Frankfurter Flughafen gelangen, sondern innerhalb weniger Minuten über den neuen S-Bahn-Anschluss auch in das Gewerbegebiet Gateway Gardens mit seinen mehr als 20.000 Arbeitsplätzen und von dort in die Frankfurter Innenstadt.

Die Bahn entwickelt in Zusammenarbeit mit Städten und Regionen Verkehrsangebote mit aufeinander abgestimmten Verkehrsmitteln und damit passgenauen Angeboten gerade für Pendler. So arbeitet die DB Netz AG mit der Stadt Frankfurt und dem Land Hessen am Programm Frankfurt RheinMain plus und mit Berlin und Brandenburg am Nahverkehrskonzept i2030. Weitere dieser Metropolkonzepte befinden sich in der Initialisierung.

Der einsetzende Erfolg der Maßnahmen lässt sich an den Fahrgastzahlen ablesen: 2017 wurde mit 18,8 Millionen Fahrgästen auf der Schiene pro Tag ein neuer Rekord aufgestellt.

Attraktivität des Schienen­güter­verkehrs steigern­­

Einen Schwerpunkt, um Güter schneller und effizienter auf der Schiene befördern zu können, bildet der Aus- und Neubau von Umschlaganlagen. Letztes Jahr wurde beispielsweise mit der Zugbildungsanlage Halle eine von Europas modernsten Anlagen in Betrieb genommen, um Güterzüge so zusammenzustellen, dass sie möglichst effizient weitertransportiert werden.

Seit 2016 steht die ausgebaute Zugbildungsanlage Köln-Gremberg für den Güterverkehr auf dem Korridor Rotterdam–Genua zur Verfügung. Eine verbesserte Anbindung des Hamburger Hafens konnte durch mehrere Ausbaumaßnahmen im Knoten Hamburg erzielt werden. Ende des Jahres wird bei Hannover eine hochautomatisierte Container-Schnellumschlagsanlage zwischen LKW und Zügen ihren Betrieb aufnehmen – der MegaHub Lehrte. All diese Maßnahmen ermöglichen einen schnellen und flexiblen Transport von Gütern und erhöhen so die Attraktivität der Schiene.

Die 2018 in Betrieb genommene Zugbildungsanlage Halle ist eine der modernsten ihrer Art und umfasst eine Gleislänge von 42,5 km und 133 Weichen (Foto: DB AG/Kai Michael Neuhold)

Zur weiteren Stärkung des Güterverkehrs auf der Schiene hat die Bundesregierung im Jahr 2017 den „Masterplan Schienengüterverkehr“ verabschiedet, der eine Kombination aus Netzausbau, Kostensenkung und Digitalisierung vorsieht und bereits in Umsetzung ist: Das Schienennetz wird in den nächsten fünf Jahren in wesentlichen Teilen für Güterzüge mit einer Länge von 740 Meter (m) ausgelegt, wodurch deutliche Effizienzgewinne möglich werden. Hiervon profitieren sowohl Bahnkunden als auch die deutschen Häfen.[6]  Rückenwind erfährt der Schienengüterverkehr ebenfalls durch die staatlich geförderte Halbierung der Trassenpreise seit dem vergangenen Jahr.

Das Schienennetz der Zukunft

Um mehr Verkehr in hoher Qualität auf die Schiene zu bringen, muss die Kapazität des Schienennetzes deutlich erweitert werden. Eine von der Bundesregierung beauftragte Studie aus 2018 kommt zu dem Ergebnis, dass sich durch die Digitalisierung der Leit- und Sicherungstechnik die Kapazität des Netzes um bis zu 20 Prozent erhöhen lässt. Die Bahn hat die Digitalisierung mit dem Programm „Digitale Schiene Deutschland“ in Angriff genommen und wird etwa den Skandinavien-Mittelmeer-Korridor von Warnemünde bis zur österreichischen Grenze mit digitalen Stellwerken und dem European Train Control System (ETCS) ausrüsten, die eine dichtere Zugfolge zulassen.

Neben der Digitalisierung werden bis 2030 große Vorhaben wie der Ausbau der Strecken Frankfurt–Fulda, Frankfurt–Mannheim, Hannover–Hildesheim oder Bremen/Hamburg–Hannover und der Rhein-Ruhr-Express ebenso wie die Aufweitung der zentralen Bahnknoten (unter anderem München, Köln, Hamburg, Frankfurt und Berlin) Engpässe auflösen und das Wachstum des Schienenverkehrs fördern.

Die Basis für die klimafreundliche Verkehrswende liegt also darin, die verfügbare Kapazität der Schiene entschlossen zu managen und konsequent mit Modernisierung, Ausbau, Digitalisierung und Elektrifizierung der Infrastruktur vor allem in großen Knoten und hochbelasteten Korridoren heute den Grundstein für zukünftiges Wachstum zu legen. Damit leistet die DB Netz AG einen wesentlichen Beitrag zum Erfolg der „Agenda für eine bessere Bahn“.

Quellen

[1] ADAC: Staustatistik 2018, 2019.
[2] Wirtschaftsdienst, Heft 2, S. 78, 2018.
[3] ADAC: Berufspendlerreport, 2017.
[4] Statistisches Bundesamt: Transport und Verkehr, Jahrbuch 2018.
[5] Statistisches Bundesamt: Verkehrsunfälle 2013, Wiesbaden 2014.
[6] Allianz pro Schiene: Bahn frei für 740-Meter-Netz
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